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Sonntag, 20. März 2011

Stella Goldschlag und was mir dazu einfällt

Heute muss ich meinen produktiven Tag haben, weil ich gerade noch einen Artikel in Suite101 gestellt habe, die grauenhafte Geschichte der Stella Goldschlag.

Das Erste, was mir dazu einfällt, ist, dass die 1.000 Wörter, die man bei der Suite verbrauchen darf, einen halt zwingen, wirklich streng beim Thema zu bleiben. Das mag ein Glück sein, zumal es Folgeartikel nach sich ziehen wird.

Einer davon wird sich mit der Mitschuld der Alliierten am Holocaust befassen müssen, genauer gesagt: Mitschuld daran, nicht mehr Menschen davor gerettet zu haben. Für den wahnwitzigen Massenvernichtungsplan und seine ebenso wahnwitzige Durchführung können die Alliierten nichts, das ist völlig klar. Wofür sie aber sehr wohl etwas können, ist, dass sie zehntausende, wenn nicht sogar hunderttausende Menschen nicht in ihre Länder gelassen haben. Und das betrifft fast ohne Ausnahme alle Länder, die für die Aufnahme von Flüchtlingen  überhaupt in Frage kamen.

Roosevelt hat sich aus innenpolitischem Kalkül und unter dem Einfluss vehementer Antisemiten in seinem Kabinett mehrfach geweigert, die Einwanderungsquoten zu erhöhen (und die waren zum Teil nicht einmal erfüllt). England war kaum besser und hatte zudem noch die Kontrolle über Palästina, für das ebenfalls eine rigorose und restriktive Einwanderungspolitik galt.

Noch nicht einmal die Bahnschienen, die zu den Konzentrationslagern führten, wollten sie bombardieren, obwohl Jan Karski, Mitglied der polnischen Untergrundbewegung, der sich als Wachmann getarnt unter Lebensgefahr Zugang zu einem Konzentrationslager verschafft hatte und so Augenzeuge der Menschenvernichtung geworden war, Präsident Roosevelt persönlich davon erzählte. Roosevelt weigerte sich, ihm zu glauben.

Es gibt übrigens ein Buch über Karskis Mission, unter dem Titel "Einer gegen den Holocaust", ist noch zu haben.

Eine andere assoziative Verzweigung führt zu Hannah Arendt und ihrer vehementen Kritik an der Rolle der Judenräte bei der Organisation und Durchführung des Holocaust. Diese Menschen waren zweifellos in einer ähnlichen Lage wie die Greifer. Ich zitiere hier aus dem deutschsprachigen Wikipedia-Artikel über Hannah Arendt:

"Der ehemalige Oberrabiner von Berlin Leo Baeck, einer der wichtigsten Vertreter der Juden in Deutschland, hatte geäußert, es sei besser für die Juden, über ihr Schicksal nicht Bescheid zu wissen, da diese Erwartung des Todes nur noch härter gewesen wäre."

Hannah Arendt aber schrieb dazu in ihrem Buch "Eichmann in Jerusalem", dass "diese Rolle der jüdischen Führer bei der Zerstörung ihres eigenen Volkes... für Juden zweifellos das dunkelste Kapitel in der ganzen dunklen Geschichte" gewesen sei. Was bekanntlich dazu führte, dass sie von jüdischen Organisationen, wie der (heute noch aktiven) "Anti-Defamation League", und Einzelpersonen, wie etwa Gershom Scholem, der mit Arendt seit 1939 in regelmäßigem Briefwechsel stand, massiv angegriffen wurde. Sie, Arendt, war es ja auch, die beim Anblick eines Eichmann, der vor dem israelischen Gericht saß wie ein kleiner, unbedeutender Buchhalter, das legendäre Wort von der "Banalität des Bösen" prägte.

2 Kommentare:

  1. Diese bösen Antisemiten, die alles beherrschen.

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    1. Ich bin mehrfach erstaunt. Erstens wusste ich gar nicht, dass dieser Blog noch online steht. Zweitens wundere ich mich, dass ihn irgendwer gelesen hat. Aber drittens, da diese ersten beiden Unwahrscheinlichkeiten schon eingetroffen sind, fällt diesem Kommentator nichts anderes dazu ein als der obige Satz, aus dem ein wenig fade Ironie zäh herausfließt? Schade, wirklich.

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