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Donnerstag, 28. April 2011

Wikipedia – Teil 3 (Nachtrag zu Kurt Wolff, Opus Dei und IMABE)

Jetzt ist wieder eine Zeit lang nichts passiert. Aber seinesgleichen geschieht, zum Beispiel in der Wikipedia, zu der ich mich nun doch nochmals äußern muss.

Zuerst das Positive: Der Einschub im Artikel zu Kurt Wolff ist endlich (und anscheinend ohne Änderungen) vidiert und approbiert worden. Hat aber lang genug gedauert. Und eigentlich war und ist das Thema ja heutzutage recht unkontroversiell.

Weniger erfreulich sind meine Erfahrungen, was das sehr viel kontroversiellere Thema des katholischen Fundamentalismus – konkret: Opus Dei und seine Ableger – betrifft. Da muss man nämlich feststellen, dass es diese Fundis irgendwie geschafft haben, sich so weit in der Wikipedia zu verankern, dass Änderungen kritischer Art in einschlägigen Artikeln, die das Opus Dei und seine Ableger bzw. Anhänger betreffen, so gut wie unmöglich werden.

Ich finde das beunruhigend. Wenn man ein bisschen surft, kommt man schnell auf eine Seite, die sich www.opusfrei.org nennt und von ehemaligen Opus-Dei-Mitgliedern gestaltet wird. Wer wissen will, wie es dort wirklich zugeht, möge diese Seite lesen.

Was mich ebenfalls ärgert, ist diese Sache mit dem IMABE-Institut – voller Namen: "Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik". Das wurde 1988 von einem gewissen Enrique Prat gegründet, der selbst ein prominentes Mitglied des Opus Dei ist (sein Bruder leitet das Opus Dei in Spanien und möglicherweise demnächst weltweit). Ärztlicher Leiter ist Johannes Bonelli, Internist in einem Ordensspital. Stellvertretende Geschäftsführerin ist Susanne Kummer, die Tochter von Friedrich Kummer, ehemaligem Chef der Lungenabteilung in einem Wiener Spital und Opus-Dei-Mitglied seit den Sechzigerjahren. Sowohl Johannes Bonelli als auch sein Sohn Raphael, Psychiater, sind ebenfalls Mitglieder des "Werkes", wie sich das Opus, wörtlich und richtig übersetzt, auch nennt.

Nun will ich hier (wenigstens im Augenblick) gar nicht lang über das Opus Dei selbst räsonnieren, obwohl ich das sicher auch noch irgendwann mache. Aber was mich stört, ist die schlichte Tatsache, dass das IMABE-Institut ohne jeden Zweifel eine Frontorganisation des Opus Dei ist, sich dazu aber nicht bekennt. Vielmehr wird da von "Interdisziplinarität" und derlei schönen Dingen gesprochen.

Und die Herren Prat und Bonelli (sr.) schreiben regelmäßig Kommentare in der "Österreichischen Ärztezeitung". Das wundert einen dann schon weniger, wenn man erfährt, dass kein anderer als Walter Dorner, der Präsident der Österreichischen Ärztekammer: richtig, im Kuratorium von IMABE sitzt. Es wird behauptet, er sei auch Mitglied bei Opus Dei, aber sicher weiß ich das nicht. Sicher ist nur, dass mich zwar die persönliche religiöse Überzeugung der genannten Personen nicht zu interessieren hat, sehr wohl aber ihre Auswirkung auf das Ausüben ihrer öffentlichen Funktionen.

Wenn IMABE, quod erat demonstrandum, zum Opus Dei gehört, dann soll das bitte auch deklariert werden. Und dann geht es aber auch nicht an, dieser Organisation so viel Raum im offiziellen Organ der Österreichischen Ärztekammer einzuräumen.

Freitag, 25. März 2011

Erhard Busek ist 70

Sweet Suite. Ich kann irgendwie nicht aufhören, obwohl ja absehbar ist, dass das Schreiben für Suite101 kein Geld bringt und selbst bei explosionsartigem Anwachsen der Textmenge wahrscheinlich nie bringen wird, wenn man keine Lust hat, über das Wetter zu schreiben, über nützliche Babytipps oder über "Deutschland sucht den Superstar" (mit Sicherheit vergeblich).

Nein, es wird nichts bringen außer einer gewissen Freude, und vielleicht irgendwann den ersten zehn Euro, die mir als Tantiemen überwiesen werden (momentan bin ich bei 3,04 €), das wird dann sowas wie Dagobert Ducks erster selbstverdienter Taler.

Jetzt hab ich gerade einen lobenden Artikel über Erhard Busek verfasst. Der Mann steht zwar in mancher Hinsicht sicher nicht für etwas, was ich haben will (etwa was den Katholizismus betrifft), aber ich würde viel lieber mit dem Busek über Religion streiten als mit Faymann über irgendetwas einig sein. Und von Schüssel würd ich nicht einmal einen Gebrauchtwagen kaufen.

Ja, ich weiß, ich habe ein Tabu gebrochen und Erhard Busek mit Bruno Kreisky verglichen. Und ich steh dazu – glaube sogar, dass Busek der intelligentere und vor allem stabilere Mensch ist, einer, der nicht so neurotisch gegen seine Herkunft kämpft wie Kreisky das getan hat. Busek hat sich über Kreisky in einem kurzen, aber einsichtsvollen Artikel geäußert, den ich vorhin ergoogelt habe.

Man braucht Busek schon dazu, um zu sehen, dass man die meisten Politiker, die man nicht mag (also die meisten), nicht deswegen nicht mag, weil sie in der falschen Partei sind, sondern deswegen, weil sie einfach kein Niveau haben. Busek wird – von manchen in durchaus verächtlicher Absicht – eine "Intellektualität" unterstellt, die eigentlich selbstverständliches Niveau in der Politik sein sollte, die es aber – fast noch selbstverständlicher – keineswegs ist. Das hat übrigens, eine weitere Parallele, auch Kreisky in seiner Autobiographie beklagt. (Ich meine hier die einbändige Kurzfassung, in der es ein Kapitel gibt, das "vom Niveau der heutigen Politik" [oder so ähnlich] heißt und damit wohl etwa die mittleren bis späten Achtzigerjahre meint. Kreisky spottet darin über Politiker, die in ihrem Leben kaum was gelesen haben, keinerlei Allgemeinbildung besitzen und – das sind jetzt meine eigenen bösen Worte – deren Horizont etwa dem einer Kellerassel gleicht. Da fallen einem aber heute ziemlich viele ein, die klare Mehrheit unserer Politiker besteht aus solchen Ungestalten.)

Umso mehr, und umso angenehmer (wenngleich nicht unbedingt für von ihm gerüffelte Parteifreunde und -feinde), fällt da ein Erhard Busek auf. Ein Mann, der sich auszudrücken weiß, der etwas zu sagen und es nicht nötig hat, in die unterste Lade zu greifen, wenn er jemanden beschimpfen will. Ein Mann, der sehr im Gegensatz zu Franz Vranitzky nicht der Ansicht ist, dass jemand, der Visionen hat, zum Psychiater gehen sollte. Ein Mann, der sich seit Jahrzehnten für Mitteleuropa einsetzt, ein Mitteleuropa, von dem die erwähnten Kellerasseln gar keinen Begriff haben, so sie denn überhaupt Begriffe ihr Eigen nennen. Ein Mitteleuropa, dessen vertane Chancen – ebenso wie jene, die etwa in der städtebaulichen Entwicklung Wiens an der Donau gelegen wären, wenn man sie denn nur ergriffen hätte – Tag für Tag schmerzlicher werden.

Natürlich sind selbst Österreichs unfähige Politiker nicht an allem schuld. Aber man kann sich des Gedankens nicht erwehren, dass vielleicht manche Grauslichkeiten sowohl hierzulande (leider hinlänglich bekannt) als auch in Nachbarländern wie Ungarn (Faschistengarden, Medien"gesetze") oder der Slowakei (Terror und Mord gegen Roma und Sinti) unterbleiben oder weniger krass hätten verlaufen können, wenn den Menschen hier wie dort die Perspektive eines prosperierenden und zusammenwachsenden Mitteleuropa geboten worden wäre. Nicht als Antithese zur EU, sondern vielmehr als sinnvolle Konsequenz der europäischen Einigung.

Aber es fehlt uns natürlich das Geld, das wir ja stattdessen besser dafür verwenden, um die Schulden einer internationalen Spekulantenbande zu bezahlen. Man nennt das heutzutage einen "Schutzschirm", nur wer da tatsächlich beschützt wird, das verschweigt man keusch. Es sind jene, die ihre Schäfchen längst im Trockenen haben, wenn die durch sie mitverursachten Staatsbankrotte stattfinden, in Irland, in Griechenland, in Portugal. Zahlen dürfen diese Rechnung natürlich wir, und diese tatsächlich unhaltbaren Zustände erleichtern es verschiedenen Verrückten – von sächsischen Neonazis bis zu ungarischen Hahnenschwänzlern – ihren Anti-EU-Wahnsinn unters Volks zu bringen.

Aber eigentlich wollte ich über Busek schreiben, der genau heute seinen 70. Geburtstag feiert. Ein Politiker, wie es immer zu wenige geben wird. Man hätte ihm – und Österreich – eine größere innenpolitische Karriere gewünscht. Die ist aber letztlich daran gescheitert, dass der Großteil der ÖVP, bundesweit sowieso, aber sogar auch in Wien, nicht für jene Werte stand, die Busek nicht nur vertritt, sondern verkörpert: Urbanität, Toleranz, Intellektualität und aktive, geistig, intellektuell und politisch integrierende Nachbarschaftspolitik in einem neuen Mitteleuropa. Das liest sich wie eine Wahlbroschüre, aber da er nicht zur Wahl steht und da man mir auch keine Sympathien zur ÖVP nachsagen kann, mag man glauben, dass ich es ernst meine.

Wofür übrigens die ÖVP stattdessen steht (wenn überhaupt noch für irgendwas), das werde ich anderer Stelle sagen, denn es würde die Gratulation entwerten: ad multos annos.

Donnerstag, 24. März 2011

Vom Umgang mit gefälschten Studien

Das Folgende stelle ich hier mit freundlicher Genehmung der Zeitschrift "arznei-telegramm" herein (arznei-telegramm 2011; 42: 25-6).






Zunächst einmal danke ich Hrn. Dr. Becker-Brüser für die Genehmigung zum Einstellen dieses Artikels – war nicht ganz leicht, womit ich nicht das Erlangen der Genehmigung meine, sondern vielmehr die technischen Schwierigkeiten, mit denen ich gekämpft habe. Am Ende hätt ich's wahrscheinlich genauso schnell auch abtippen können. Muss wohl endlich lernen, wie man mit Wordpress umgeht. (Und ich bitte allfällige LeserInnen um Entschuldigung, dass die blauen, unterstrichenen Dinger im at-Text, die wie Hyperlinks aussehen, nicht als solche funktionieren, obwohl sie ursprünglich welche waren, aber das hat mit der verqueren – wenngleich nicht gänzlich unkreativen – Art zu tun, auf die ich diesen Text hier hereingeholt habe.)

Was das Thema betrifft, so interessiert mich das schon deshalb, weil es nahtlos an einen Vortrag des ehemaligen BMJ-Chefredakteurs Richard Smith anschließt, den er 2009, auf Einladung der "Gesellschaft der Chirurgen in Wien" im Wiener Allgemeinen Krankenhaus gehalten hat. Ich habe darüber u.a. in Suite101 berichtet.

Smith hat damals ein erheblich breiteres Feld behandelt – eben Forschungsbetrug insgesamt –, aber natürlich war auch der oft vorhandene Widerstand der Journals gegen den Rückruf gefälschter Studien ein Thema. Die Gründe dafür sind vielfältig: Man will sich, wie auch das "at" sagt, das Geschäft nicht verderben, man hat Angst vor juristischen Konsequenzen, man ist einfach zu bequem, ... Die Liste ließe sich wohl fortsetzen.

Aber immerhin: Es ist auch einiges geschehen. So ist zum Beispiel die Website www.clinicaltrials.gov eine hervorragende Quelle, um zu sehen, was so alles nicht publiziert wird. Eine andere interessante Quelle ist www.trialresultscenter.org, betrieben von einem französischen Pharmakologen, unabhängig, noch im Aufbau, aber ambitioniert.

Insgesamt wird durch die lauter werdende Diskussion um Manipulation und Betrug in der Forschung der Druck auf die Industrie und auf jene größer, die gegen gutes Salär einfach alles behaupten würden, egal ob auf dem Podium eines Vortragssaals oder schriftlich.

Es ist schon wahr: Die Journals könnten mehr tun, speziell was eine konsequente und einheitliche Rückrufpolitik betrifft. Aber wogegen sie eigentlich wenig tun können (außer eben keine zuvor nicht registrierten Studien zu veröffentlichen), ist die Tatsache, dass negative Studien immer noch zum größten Teil nicht publiziert werden. Das ist eigentlich ein legistisches Problem, es müsste eine Publikationsverpflichtung geben, und zwar mit dem Argument, dass wissenschaftliche Daten in jedem Fall zentrale öffentliche Interessen berühren, weil ja schließlich, wie auch das at bemerkt, Leitlinien und damit Behandlungsstandards auf Studien und Metaanalysen dieser Studien beruhen. Somit hat ein Publikationsbias – wie er besonders krass in der Psychiatrie, vor allem bei Antidepressiva und neueren Antipsychotika zutage tritt – die denkbar schwersten Folgen, weil Metaanalysen dann zu Effektgrößen kommen, die mit der Realität nichts zu tun haben.

Diesem at-Artikel verdanke ich übrigens auch die Bekanntschaft mit "retraction watch", einem höchst interessanten Blog über zurückgezogene Studien und ihre Autoren. Da tut sich ja einiges...

Demnächst mehr.

Sonntag, 20. März 2011

Stella Goldschlag und was mir dazu einfällt

Heute muss ich meinen produktiven Tag haben, weil ich gerade noch einen Artikel in Suite101 gestellt habe, die grauenhafte Geschichte der Stella Goldschlag.

Das Erste, was mir dazu einfällt, ist, dass die 1.000 Wörter, die man bei der Suite verbrauchen darf, einen halt zwingen, wirklich streng beim Thema zu bleiben. Das mag ein Glück sein, zumal es Folgeartikel nach sich ziehen wird.

Einer davon wird sich mit der Mitschuld der Alliierten am Holocaust befassen müssen, genauer gesagt: Mitschuld daran, nicht mehr Menschen davor gerettet zu haben. Für den wahnwitzigen Massenvernichtungsplan und seine ebenso wahnwitzige Durchführung können die Alliierten nichts, das ist völlig klar. Wofür sie aber sehr wohl etwas können, ist, dass sie zehntausende, wenn nicht sogar hunderttausende Menschen nicht in ihre Länder gelassen haben. Und das betrifft fast ohne Ausnahme alle Länder, die für die Aufnahme von Flüchtlingen  überhaupt in Frage kamen.

Roosevelt hat sich aus innenpolitischem Kalkül und unter dem Einfluss vehementer Antisemiten in seinem Kabinett mehrfach geweigert, die Einwanderungsquoten zu erhöhen (und die waren zum Teil nicht einmal erfüllt). England war kaum besser und hatte zudem noch die Kontrolle über Palästina, für das ebenfalls eine rigorose und restriktive Einwanderungspolitik galt.

Noch nicht einmal die Bahnschienen, die zu den Konzentrationslagern führten, wollten sie bombardieren, obwohl Jan Karski, Mitglied der polnischen Untergrundbewegung, der sich als Wachmann getarnt unter Lebensgefahr Zugang zu einem Konzentrationslager verschafft hatte und so Augenzeuge der Menschenvernichtung geworden war, Präsident Roosevelt persönlich davon erzählte. Roosevelt weigerte sich, ihm zu glauben.

Es gibt übrigens ein Buch über Karskis Mission, unter dem Titel "Einer gegen den Holocaust", ist noch zu haben.

Eine andere assoziative Verzweigung führt zu Hannah Arendt und ihrer vehementen Kritik an der Rolle der Judenräte bei der Organisation und Durchführung des Holocaust. Diese Menschen waren zweifellos in einer ähnlichen Lage wie die Greifer. Ich zitiere hier aus dem deutschsprachigen Wikipedia-Artikel über Hannah Arendt:

"Der ehemalige Oberrabiner von Berlin Leo Baeck, einer der wichtigsten Vertreter der Juden in Deutschland, hatte geäußert, es sei besser für die Juden, über ihr Schicksal nicht Bescheid zu wissen, da diese Erwartung des Todes nur noch härter gewesen wäre."

Hannah Arendt aber schrieb dazu in ihrem Buch "Eichmann in Jerusalem", dass "diese Rolle der jüdischen Führer bei der Zerstörung ihres eigenen Volkes... für Juden zweifellos das dunkelste Kapitel in der ganzen dunklen Geschichte" gewesen sei. Was bekanntlich dazu führte, dass sie von jüdischen Organisationen, wie der (heute noch aktiven) "Anti-Defamation League", und Einzelpersonen, wie etwa Gershom Scholem, der mit Arendt seit 1939 in regelmäßigem Briefwechsel stand, massiv angegriffen wurde. Sie, Arendt, war es ja auch, die beim Anblick eines Eichmann, der vor dem israelischen Gericht saß wie ein kleiner, unbedeutender Buchhalter, das legendäre Wort von der "Banalität des Bösen" prägte.

Die Professoren und das Geschäft

Aus der "Fackel" Nr. 42, Mai 1900:


Sollten irgendwem zum Thema "Gutachtenschacher zwischen Gelehrten und Händlern" etwa gar aktuellere Assoziationen als solche aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg kommen, so muss ich leider jegliche Verantwortung dafür ablehnen. Namen und Adressen auf Anfrage.

EGDU oder: Strasser tut, was man von ihm erwartet hat

Der EU-Abgeordnete, ÖVP-Politiker und ehemalige Innenminister Ernst Strasser ist zurückgetreten. Nicht, weil er sich für irgendwas schämt, sondern weil sein Parteichef Josef Pröll, dem man aus menschlichen Rücksichten gewünscht hätte, dass er seine Lungenembolie in Tirol ohne derartige Störungen auskurieren könnte, es ihm ultimativ nahegelegt hat.

Einige Details über diese Geschichte habe ich soeben auch bei Suite101 veröffentlicht. Die schmutzigen Details sind mittlerweile bekannt, und die einschlägigen Videos haben inzwischen, erwartungsgemäß, ihren Weg zu YouTube gefunden (Video 1, Video 2). Was man dort sieht und hört, ist in seiner plumpen, arroganten Direktheit wirklich haarsträubend. Es wird selbst für Herrn Strasser schwierig sein, sich da herauszureden. Zumal das natürlich nicht nur Folgen in Österreich, sondern vor allem auch auf EU-Ebene haben wird. Untersuchungen wurden bereits eingeleitet.

Aber es lohnt sich -- wenigstens, sofern man gute Nerven hat --, darüber nachzudenken, was für eine Politikerkaste wir uns da eigentlich herangezüchtet haben. Bei der hierzulande üblichen Titelsucht wär's doch ganz nett, einen neuen Titel hinzuzufügen. Moderne Menschen sind ja zumindest bei der Namens- und Titelgebung proamerikanisch. Das äußert sich beim Namen darin, dass heute jeder Hausmeister (pardon! jeder Mitarbeiter einer Reinigungsfirma, es gibt ja in Wien keine Hausmeister mehr) einen sogennannten Middle Name hat, der mit einem Initial abgekürzt wird. War er vorher der Pepi Havlicek, dann ist er jetzt der Josef A. Havlicek, selbst wenn das "A" nur für "Armutschkerl" steht oder für was anderes, der Körpermitte Naheliegendes. Beim Titel ist es so, dass man moderne Ami-Titel als Buchstabenkombinationen (die keiner versteht) hinter dem Namen anführt, was wieder an das obige "A." gemahnt.
So könnte es also z.B. heißen: "Dr. Ernst L. Strasser, EGDU", was in der Langfassung bedeutet:

"Doktor Ernst ,Leider ist aus der vielen Kohle jetzt doch nichts geworden' Strasser, Es Gilt Die Unschuldsvermutung".

Die gilt ja eigentlich mittlerweile fast generell für unsere lieben heimischen Politiker, egal ob sie in St. Pölten oder in Brüssel sitzen. Und ich sage nicht zufällig "St. Pölten", denn es IST wohl kein Zufall, dass der Herr Strasser aus der Kaderschmiede des Erwin Pröll, EGDU, stammt. Eines Onkels, der zusammen mit seinem Freund von der anderen Seite, Michael Häupl, das Skylink-Debakel zu verantworten hat. In dessen schönem Land auch jene Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt zu Hause ist, die derzeit gegen Tierschützer wie gegen Terroristen vorgeht; einem Land, in dem es auch passionierte Jäger wie den Herrn Konrad von Raiffeisen gibt, die sich nicht gern von einem Verein gegen Tierfabriken ärgern lassen. EGDU, natürlich, für alle, immer und pauschal, manchmal sogar dann, wenn das Gegenteil als erwiesen gelten kann. Und deswegen wirkt's halt ein bissel komisch, unfreiwillig natürlich, wenn der Neffe Sauberkeit von jenen fordert, die der Onkel gezüchtet hat.

Und Strasser, wie ich im Titel dieses Beitrags sagte, tut genau das, was alle, die nicht seines Geistes sind, von ihm nicht anders erwartet haben: er leugnet, leugnet, leugnet. Er spricht von einer "Kampagne" gegen ihn und sagt, dass er ja nur deshalb zurücktrete, um seiner Partei nicht zu schaden. (Und selbst das täte er nicht, wenn ihm der Neffe nicht eben den Rücktritt geradezu befohlen hätte.) Wenn das tatsächlich seine Absicht gewesen wäre, dann hätte er sich vielleicht vor der letzten EU-Wahl lieber nicht mit aller Gewalt auf den ersten Listenplatz boxen und den armen, mir anständig erscheinenden Othmar Karas, der sich mit solchem Gezücht abgeben muss, verdrängen sollen. Hat er aber, der Ernstl, und jetzt muss sich halt die ÖVP-Fraktion in Brüssel einen neuen Delegationsleiter suchen. Man darf gespannt sein, ob Strasser überhaupt angeklagt wird und ob, wenn ja, es zu einer Verurteilung kommt.

Man darf mit Fug und Recht daran zweifeln, wenn man sich anschaut, was sich in diesem Land, sonst so abspielt, EGDU. Da ist einmal Karl-Heinz "Ich-bin-entsetzt-wie-beschissen-und-korrupt-dieses-Land-ist" Grasser, der mit dem vorher erwähnten Strasser nicht nur weite Teile seines Namens gemeinsam hat, sondern auch die pragmatische Einstellung zum Verhältnis jenes Teils seiner Aufmerksamkeit, den ein Politiker öffentlichen Interessen, und jenes Teils, den er seiner privaten Einkommensmaximierung widmen sollte, also ca. 1:99. Da wartet man Monat für Monat darauf, dass endlich Anklage erhoben wird, gegen Grasser selbst und gegen seine Kumpanen, wie den landläufig bekannten Walter "Wos-woa-mei-Leistung?" Meischberger, der wenigstens für einen Lacherfolg gesorgt hat, und nicht einmal das kann man Grasser zugutehalten. Was geschieht? Nichts.
Grasser wird einvernommen, sein Anwalt Ainedter tritt vor, nimmt kurz den Tschick aus dem Mund, um den Stehsatz abzuliefern, den, ebenso wie die Langfassung von EGDU, jeder österreichische Journalist schon per Kürzel gespeichert hat: "Da ist nichts dran." Um sich dann wieder ungestört der Nichtraucherverfolgung zu widmen.

Dann haben wir natürlich die sauberste Fraktion innerhalb des Parteispektrums der Saubermänner: die "FPK", wie das neuerdings heißt. Der oberste dieser Saubermänner hat sich ja vor einiger Zeit in einem sauberen Rausch, na sagen wir: verabschiedet. Und wie das halt bei Diadochenkämpfen so zu sein pflegt, haben danach einige gewonnen, einige verloren, einer -- der Lebensmensch Petzner -- kam sogar vor Gericht, allerdings wegen relativer Bagatellen, der hatte, glaub ich, nicht einmal einen sechsstelligen Betrag unterschlagen, und sicherheitshalber auch hier: EGDU, obwohl ich mir da, eigentlich, schon nicht mehr ganz sicher bin.
Aber da gibt's ja jetzt den Spross der "Herrenbauernfamilie" (einer der vielen Kärtner Euphemismen für "Nazis"), Uwe Scheuch. Und man versteht ja, warum solche Leute gegen eine Erweiterung der polizeilichen Möglichkeiten des Datenzugriffs sind, werden doch blöderweise immer wieder peinliche Telefonate mitgeschnitten, denen wir nicht nur den "Woas-woa-mei-Leistung"-Lacher zu verdanken haben, sondern auch die Erkenntnis, dass Scheuch nicht Englisch kann, dass er aber dennoch die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an einen finanzkräftigen Russen als Gegenleistung für sinnvolle Investionen (z.B. in die Parteistrukturen des damaligen BZÖ) für "nonanet part of the package" hält. EGDU. Angeblich ermittelt auch hier die Staatsanwaltschaft.

Inzwischen hat die FPK eine ihr gehörende Werbeagentur in verdächtiger Eile zugesperrt. Ein Schelm, wer da von der Vernichtung von Beweisen spräche, EGDU.

Andererseits treiben in diesem Land ganz üble Neonazis ein erstaunlich ungestörtes Handwerk. Da gibt es eine Website, die bekanntlich "Alpen-Donau-Info" heißt und deren Dateien auf einem amerikanischen Server liegen. No, ahschowos, würde man sagen. Immer wieder liest man, wie mittels internationaler Zusammenarbeit ganze Netzwerke von Pädophilen auffliegen, wie -- beeindruckenderweise -- in vielen Ländern gleichzeitig Hausdurchsuchungen und Verhaftungen stattfinden. Man liest Interviews mit einem mutigen Polizisten, der darauf hinweist, dass es ganz leicht wäre, die Verantwortlichen in Österreich mit ein paar Cybertricks auszuforschen, wenn man denn nur wollte. Doch man will nicht, und derselbe Polizist sagt auch, warum: weil die Sympathisanten dieser Leute, dank Wolfgang Schüssel, mittlerweile in so vielen hohen und einflussreichen Positionen sitzen, dass NS-Wiederbetätigung hierzulande zwar nominell immer noch strafbar, aber de facto so gut wie sakrosankt ist. Und in diesem Fall gilt nicht mehr die Unschuldsvermutung, sondern eher ihr Gegenteil. Was mich auf das Thema "Codes und Lügen" bringt, dem ich aber bei nächster Gelegenheit ganz gern ein eigenes Elaborat widmen möchte.

Sonntag, 13. März 2011

Zwei neue Artikel

Ich habe mir erlaubt, wieder einmal was für Suite101 zu schreiben. Nein, das stimmt nicht ganz, ich schreibe es nicht für Suite101, ich veröffentliche es nur dort. Dabei ist die Tatsache, dass man dort im Prinzip auch Tantiemen für Werbeklicks kriegt, ziemlich nebensächlich, denn mit meinen (jetzt) acht Artikeln habe ich bisher € 2,68 verdient, was keine wirkliche Motivation wäre.
Aber es macht Freude, es sind gute Fingerübungen, und es ist zumindest was anderes als über randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudien zu schreiben.
So habe ich mich also zunächst an das Verhältnis zwischen Karl Kraus und Kurt Wolff gewagt. Anlass war der in der "Bibliothek Janowitz" von Friedrich Pfäfflin veröffentlichte Briefwechsel zwischen den beiden, aus den Jahren 1912 bis 1921. Das Buch wird von einigem Material bereichert, nicht nur von Verträgen, die zwischen Kraus als Autor und Wolff als Verleger geschlossen wurden, sondern auch von einigen Briefen anderer Autoren, etwa Franz Werfel, die zur Sache gehören, weiters von einigen Auszügen aus der Fackel.
Ich mag hier nicht wiederholen, was man in meinem Artikel nachlesen kann (der sogar von der Redaktion von Suite101 gelobt wurde, was ich dankend annehme), aber es ist schon bemerkenswert, dass Werfel sowohl der Initiator als auch der Vernichter der Beziehung Kraus -- Wolff war. Allerdings: So, wie die Dinge lagen, musste es wohl früher oder später zu diesem Bruch kommen, denn Wolff sah sich nun einmal nicht als Zensor seiner Autoren, und auch wenn er Kraus zuliebe einen eigenen "Verlag der Schriften von Karl Kraus (Kurt Wolff)" gegründet hatte, verlegte er eben doch weiter auch jene, die von Kraus angegriffen wurden und sich natürlich gelegentlich wehrten: Franz Werfel, Kurt Hiller, Max Brod und andere.
Was ich aber besonders bemerkenswert finde, ist, dass Kurt Wolff, obwohl er Kraus liebte und verehrte, niemals einer der (von ihm selbst so genannten) "Besessenen" war, deren absurd übertriebene Verehrung (Hiller nannte Kraus in einem Brief allen Ernstes "christushaft") so leicht in Hass umschlagen konnte und dies auch tat: bei Werfel, bei Hiller, bei Haas -- die Liste ließe sich fortsetzen.
Nein, Wolff war kein Besessener, er war eher ein Treuer, der noch Jahrzehnte später, als Kraus längst tot war und andere, ehemalige Besessene, verbal bereits mehrfach wohlig auf sein Grab uriniert hatten, immer noch von seiner stets unveränderten inneren Beziehung zu Kraus und seinem Werk schrieb. Dieser Essay, der ursprünglich in zwei separaten Stücken Mitte der Fünfziger- und Anfang der Sechzigerjahre erschien und in Pfäfflins Buch den simplen Titel "Karl Kraus" trägt, wird zu Recht zum Schönsten gezählt, was je über Kraus geschrieben wurde.
Nein, Kraus war nicht christushaft, aber er war das Gewissen seiner Zeit, die nur allzu oft lieber gewissenlos sein wollte und es auch war. Und heute muss man wohl schon wieder auf das monumentale Werk dieses großen österreichischen Satirikers, Lyrikers und Dramatikers hinweisen, der nebenbei auch noch der beste Interpret seiner eigenen Werke war, aber auch jener von Shakespeare, Goethe, Nestroy und Offenbach. Über 700 Vorlesungen, von denen einiges Wenige sich als Ton- oder sogar Filmdokument erhalten hat, gaben Zeugnis davon.
Und Wolff? Er musste fliehen, zunächst nach Frankreich, dann in die USA. Man kann einiges, eher kursorisch Verfasste, über sein Leben und seine Arbeit in der Wikipedia nachlesen, wo übrigens meine Änderungs- oder eher: Ergänzungsvorschläge (ich habe einen eigenen Abschnitt über die Beziehung Wolff-Kraus geschrieben, weil der Name Kraus im vorherigen Wiki-Artikel nicht einmal vorkam) zum Zeitpunkt, da ich das hier schreibe, noch immer nicht vidiert sind, und das ist jetzt immerhin schon eine Woche her. Den Artikel mit meinen Ergänzungen findet man hier; wer das bisher immer noch offizielle Original lesen will, braucht nur auf den Reiter "Lesen" links daneben zu klicken.

Der andere Suite101-Artikel ist eher eine impressionistische Skizze eines meiner Lieblingsorte: Drosendorf im Waldviertel. Sehr zu empfehlen für Menschen, die keine Events und keine dröhnende oder pulsierende Abend- und Nachtkultur brauchen, sondern eher leise, manchmal schwer wahrnehmbare Sonderlichkeiten, die es aushalten, ja vielleicht sogar suchen, dass: nichts geschieht. Die einen Schlosshof schätzen können, in dem man sitzen kann und in dem sich lediglich der Schatten des Sonnenuhrzeigers an der Wand und das Wasser, das im kleinen Springbrunnen plätschert, bewegen -- und allenfalls die eigenen Gedanken und Gefühle, so sie sich nicht in die Stille verflüchtigen, deren Kostbarkeit man dort erleben mag.

Post-Tsunami-Gedanken: Wahnsinn und Banalitäten

No, jetzt hamma den Salat. Super-GAU in Japan, und dann gibt’s immer noch Wahnsinnige, die meinen, es hat ja bis auf diese „kleinen Zwischenfälle“ bei den 53 japanischen Atomkraftwerken eh alles bestens funktioniert. Aber ich komme zu dem Schluss, dass diese Welt sowieso nicht zu retten ist; damit hab ich für meinen Teil mich mehr oder weniger abgefunden. Zuviel Irrsinn, zuviel Gier, zuviel Borniertheit, man sieht das doch überall, im Kleinen wie im Großen. 
Und dann gibt es den Wunsch, zu helfen, den Wunsch, seinen Kindern eine vielleicht doch spurweise bessere Welt zu hinterlassen. Und gleichzeitig ist da Schmerz, Resignation, siehe oben. Das Verhältnis dieser beiden Gefühle zueinander mag schwanken und sehr stimmungsabhängig sein, aber das ist auch schon alles.
Die Medien hingegen jubeln insgeheim, haben sie doch endlich wieder Gelegenheit, sich ganz massiv wichtigzumachen. Da werden sogenannte Philosophen befragt, die dann Dinge sagen, die jeder Mittelschüler ähnlich (oder besser) hätte sagen können. Und diese Philosophen zitieren andere Philosophen, die -- ohne ihre Quelle anzugeben -- Anleihen bei Karl Kraus machen, der schon im Ersten Weltkrieg zurecht behauptete, das wahre Übel sei ein Krieg, dessen Grausamkeit und diverse technische Facetten (wie etwa den irrwitzigen Einsatz von Giftgas) man sich nicht mehr vorstellen könne und der von der Presse, völlig irreführenderweise, als "glorreich" und "heldenhaft" dargestellt werde.
Nur, um das deutlich zu sagen: Ich behaupte nicht, dass Liessmann unrecht hat. Ich behaupte nur, dass man für seine Aussagen wirklich keinen Philosophen gebraucht hätte (wobei zunächst offenbleiben muss, wozu man Philosophen überhaupt braucht...).

Dienstag, 2. November 2010

Nach kurzem Sitzen

E MA HO
Der Dichter, der sitzt,
wird zum Nicht-Dichter
und sein Gedicht
zum Nicht-Gedicht,
wie dieses hier.
Freiheit ist:
Sein im Nicht-Sein.

Montag, 1. November 2010

Wikipedia von innen - Teil 2

Vielleicht war ich vorhin zu optimistisch. Wenn man sich ein wenig länger in der Wikipedia umschaut, beginnt man sich zu ärgern. Warum? Weil sich da ein gewisses Muster abzeichnet. Es besteht darin, dass oberflächliche, falsche, teils sogar verleumderische Zuweisungen zur Wahrheit erklärt werden.

Beispiel 1: Der Artikel über Chögyam Trungpa. Ich habe nichts dagegen, dass da was über Alkohol, Sex mit Schülerinnen und das Geheimhalten der HIV-Infektion des Regenten Ösel Tendzin steht, denn das stimmt ja alles. Aber wenn man dann Diskussionsbeiträge dazu liest, in denen verleumderische Zeitungsberichte über unfundierte Vergewaltigungsvorwürfe als Quelle zitiert, ja sogar (glücklicherweise derzeit vergeblich) in den Artikel hineinreklamiert werden, dann kommt einem doch das, naihrwisstschonwas, ...

Beispiel 2: Der Artikel über Thomas Mann. Ellenlang und voll des Lobes (das auch nicht referenziert ist, in vielen Punkten). Jetzt müsste man sich hinsetzen und zumindest einen Punkt einfügen, in dem davon gesprochen wird, dass Thomas Mann nicht nur vom US-Kongress als einen der wichtigsten Stalin-Apologeten bezeichnet wurde, sondern dass er das auch wirklich war. Friedrich Torberg hat das ausführlich dokumentiert. Und er hat darauf hingewiesen, dass die Perfidie gerade darin bestand, dass es viel wirkungsvoller ist, wenn einer sagt: "Ich bin kein Kommunist, sage aber dennoch...", als wenn einer sagt: "Ich bin Kommunist und sage deshalb...". Genau das hat Th. Mann getan. Sein Verhältnis zur Politik war überhaupt katastrophal: Zunächst einmal war er gegen die Demokratie. Dann hat er versucht, sich mit den Nazis zu arrangieren, noch nachdem die Bücher seines Bruders Heinrich und seines Sohnes Klaus schon verbrannt waren (die Bücher Thomas Manns waren wohlweislich geschont worden, weil die Nazis ihrerseits hofften, ihn auf ihre Seite ziehen zu können). Erst sehr spät, als ihm klar wurde, dass ein solches Arrangement nicht möglich ist, bezog er erstmals öffentlich gegen Hitler Stellung.
Und kaum war er in den USA, begann er, mit dem anderen Totalitarismus, dem Kommunismus, zu sympathisieren, wie auch andere, die zwar im sicheren Amerika saßen, aber gleichzeitig Stalin die Stange hielten: Bert Brecht, Jakob Wassermann, Berthold Viertel und viele mehr. Es ist kein Wunder, dass es ihm irgendwann in der McCarthy-Zeit in den USA zu ungemütlich wurde. Das wird sogar in der Wikipedia so dargestellt (wenngleich dort natürlich alle Schuld bei den Amis liegt).
Also ging er nach Europa, ließ sich in der Schweiz nieder, besuchte Ostdeutschland und sonderte Zitate ab wie: "Die Ablehnung des Kommunismus ist die größte Torheit unserer Zeit." Bravo, kann man da nur sagen, und es ist zum Ihrwisstschonwas...

Alles in allem kriegt man das Gefühl, dass auch in der Wikipedia einige wie Spinnen im Netz sitzen, sich einen gewissen Status erobert haben, den sie verteidigen und dazu benützen, gewisse Dinge durchzuboxen oder zu verhindern. Kein Wunder, ist halt wie überall.

Wikipedia von innen - in Sachen Torberg

Seit Jahren hab ich mir gedacht, man müsste sich doch einmal näher mit der Wikipedia beschäftigen. Aber irgendwie bin ich nie durch den Umgang mit der Versionsgeschichte durchgestiegen, und so hab ich's fürs Erste gelassen. Und gelassen. Und gelassen.

Bis gestern. Da hab ich festgestellt, dass ich sogar schon einen Account dort besitze, hab mich angemeldet und begonnen, den Artikel über Friedrich Torberg zu editieren, der es in einigen Punkten durchaus nötig hatte. Natürlich geistern da die Nachwehen des von vielen sehr übel genommenen Torbergschen Kampfes gegen die kommunistische Spielart des Totalitarismus umher, die sich ja nicht zuletzt in dieser unseligen "Biographie" von jenem Frank Tichy kristalliert hat. Oder hatte, denn das Machwerk ist zum Glück längst vergriffen, scheint aber dennoch in den Bücherregalen einiger Leute zu stehen, die in der Wiki was zu reden haben. Aber sei's drum.

Ich kann mich eigentlich nicht über allzu schlechte Behandlung beschweren. Die meisten meiner Änderungen hat man übernommen, einige nicht, womit ich leben kann. Nur die Geschichte mit der Salcia Landmann habe ich nochmals tentativ geändert, denn die hat er ja eben nicht angegriffen, weil sie eine "fellow traveller" gewesen wäre, sondern weil sie sich dem jüdischen Witz etwa so genähert hat wie ein Hund einem Laternenpfahl.

Ein allererstes Fazit: Wikipedia ist mehr als eine Enzyklopädie, es scheint auch wirklich sowas wie ein Ort der geistigen Begegnung zu sein. Oder jedenfalls hoffe ich das.

Leonard Cohen über Sasaki Roshi

Ich wollte unbedingt dieses kurze Video hier hereinstellen, das auch im Suite101-Artikel über Leonard Cohen und Zen-Buddhismus zitiert wird. Es ist berührend, lustig, interessant, besonders vielleicht für jene (nicht allzu häufig vorkommenden) Menschen, die selbst schon buddhistische Meditation gemacht und sich vielleicht gar selbst einmal für längere Zeit in einem Meditationszentrum aufgehalten haben.

Leider stelle ich fest, dass ich es hier nicht einbetten kann, aber man kann es sich unter mit diesem Link auf Youtube anschauen.